Leider können
wir heute nur noch einige der damals beliebten Gaststätten besuchen. Bis
1968 war „Försters“ („Kackerlatz“), an der die F80 damals unmittelbar
vorbeiführte, eine besonders bei Kraftfahrern beliebte Gaststätte in der
Halleschen Straße 8. Direkt gegenüber dem Reichsbahnausbesserungswerk
gelegen verkehrten hier auch oft die Arbeiter dieses Werkes. Nietleben
dehnte sich damals wesentlich weiter nach Osten aus als heute. Die letzten
Häuser in Richtung Halle standen da, wo sich heute die Y-Hochhäuser am
Neustädter Wochenmarkt befinden. Dieser Teil der Halleschen Straße fiel dem
Aufbau Halle-Neustadts zum Opfer. Der Verkehr auf der alten F80 wurde
eingestellt und die Straße 1,5m abgebaggert. „Försters“ war das erste Haus
in der Halleschen Straße, das 1969 abgerissen wurde.
Die „Grüne Tanne“ war ein gern besuchtes Lokal. Hier wurden Feuerwehrbälle
abgehalten, Schulfeste und Hochzeiten gefeiert. Zu DDR-Zeiten wurde die
Gaststätte von der HO bewirtschaftet, aber nur noch die vorderen Räume
genutzt.
Die HO-Gaststätte „Goldener Stern“ (Eisl. Str. 72) war Treffpunkt bei vielen
Gelegenheiten. Ob für Discos, Vereinstreffen, Familienfeiern usw. Auch als
Wahllokal wurde der „Stern“ genutzt. Auch die dazugehörige Eisdiele war sehr
beliebt. Bis in die 1960er Jahre war der „Stern“ auch Domizil des
Nietlebener Turnvereins. Ab 1964 wurde der „Stern“ als HO-Gaststätte
geführt. Auch das Verkehrssicherheitsaktiv hatte hier seinen Sitz. Auch
Schulveranstaltungen, z.B. Einschulungen, fanden hier statt. Das Akkordeon-
und Mandolinenorchester probte hier. Von 1966 bis 1970 fanden
Veranstaltungen á la Beatclub statt. Organisator war der Jugendklub des
Ortes, der sich 1964/65 gegründet hatte und in der „Grünen Tanne“ ansässig
war. 1974 wurde im „Mach mit - Wettbewerb“ von Nietlebener Bürgern ein
ehemaliger Lagerraum zu einem Saal ausgebaut. Der Raum wurde mit seinen 150
Plätzen für Schüler- und Rentnerspeisung genutzt, Discos und Tanzabende
fanden statt. Die Gaststätte machte einen gepflegten Eindruck, der Gast
wurde ordentlich bedient. Leiter des Hauses war damals Herr Schönbrodt.
Kam man aus dem Ortsteil Granau nach Nietleben, so lud kurz vor der heutigen
Einfahrt zum Heidebad bis in die 1970ger Jahr das "Schießhaus" Otto zum
Verweilen ein. Letzter Betreiber war das Hallesche HO-Hotel "Rotes Roß"
(Gaststätte „Zum Heidebad“).
Im Gebäude des Gasthauses "Zur Sonne“ (Eisl. Str. 73) war auch Anfang der
1950er Jahre eine Kinderkrippe untergebracht.
Das Gasthaus „Zum grünen Kranze“ bot seit der Jahrhundertwende gemütlichen
Aufenthalt. Vor allem von Kutschern und später von Fernfahrern wurde es gern
besucht. Einst wurde es von Familie Markraf und später dann von der HO
geführt. Im rechten Teil des Gebäudes war der Verkaufsraum der Bäckerei
Knöfel. 1958 musste der idyllische Lehmbau abgerissen werden, weil er den
Erschütterungen des Verkehrs nicht mehr standhalten konnte.
Ein bei vielen unbekanntes Gartenlokal wurde Anfang der 1950er Jahre in der
Gartenstadtstraße/Ecke Immenweg betrieben. Wirt war ein gewisser Bormann,
von Hause aus Gärtner der Heidehäuser. Als nach dem Krieg die Russen in die
Heide einzogen, zog er in die Gartenstadt und eröffnete in seinem Haus
„Ulmeneck“ besagte Gartengaststätte. Die Lokalität war nur auf den Ausschank
von Getränken ausgerichtet. Es wurden verschiedene Biersorten angeboten.
Bereits nach einigen Jahren wurde der Betrieb wieder eingestellt.
In den Jahren des Aufbaus Halle-Neustadts fanden verstärkt Kontrollen der
Arbeiter- und Bauerninspektion (ABI) statt, die Gaststätten prüften, die
unter anderem auch die Bauarbeiter betreuten und bewirteten. Sehr gelobt
wurde die HO-Gaststätte „Goldener Stern“ hinsichtlich seiner Sauberkeit,
seines gepflegten Äußeren, seiner guten Beratung und schnellen Bedienung.
Auch im „Schießhaus Neuglück“, und bei „Förster“ war neben kleinen
Beanstandungen nur Erfreuliches festzustellen.
Mit dem Aufbau von Halle-Neustadt musste man auf Grund der sprunghaft
angestiegenen Bevölkerungszahl dem Bedürfnis der Menschen nach Naherholung
Rechnung tragen. Es kam zur Einrichtung und Eröffnung neuer gastronomischen
Einrichtungen. 1968 ging man daran, eine Nietlebener Mühle als Gaststätte
auszubauen („Eselsmühle“), am 15. April 1974 wurde das Jugend- und
Touristikzentrum am Steilufer des Heidesees („Touristenexpress“) ins Leben
gerufen. Zwei Reisezugwagen aus dem VEB Waggonbau Ammendorf fanden hier ihr
neues Zuhause. „Verdiente Brigaden“, Werktätige und Touristen sollten dort
Erholung und Urlaubsfreuden finden. In den 4-Personen-Kabinen des
Schlafwagens waren 38 Betten, der Speisewagen bot 60 Plätze. Die Sitze
konnten hochgeklappt werden und so wurde er mit wenigen Handgriffen in einen
„Ballsaal“ verwandelt. Klimaanlage und bei Bedarf zusätzliche Kohleheizung
machten einen ganzjährigen Betrieb als „Hotel auf Rädern“ möglich. In den
Sommermonaten bot die Freifläche noch etwa 120 Gästen Platz. Anfang 1983
wurde die schon bestehende Eisdiele im Waidmannsweg 37 um ein Eiscafe mit 62
Plätzen erweitert. |