Januar 2007 

Home
Nach oben





Impressum

Alltagsleben

Januar 2007

Mo Di Mi Do Fr Sa So
1 2 3 4 5 6 7
8 9 10 11 12 13 14
15 16 17 18 19 20 21
22 23 24 25 26 27 28
29 30 31        
             
Gesellschaftliches Leben
========================
Gemeinde Nietleben bis Kriegsende 1945
Nietleben gehörte damals zum Regierungsbezirk Merseburg. Der Standort des Gemeindeamtes war in der Hallesche Straße gegenüber Hotel Bergschänke und Heidestraße. (Gebäude wurde abgerissen zum Bau der Straße nach Halle-Neustadt). Die Gemeindeverwaltung wurde finanziert aus Landes-Steuereinnahmen und durch das Gemeindeamt erhobene Verwaltungsgebühren. Langjähriger Bürgermeister mit uneingeschränkter Autorität war Fritz Platte, Stellvertreter und Verwaltungsleiter war Herr Schwarzer, Standesbeamter: Platte und Schwarzer. Als weitere Verwaltungskräfte arbeiteten 3 bis 4 Angestellte. Die Polizei war der Gemeinde untergeordnet unter der Leitung eines so genannten Amtsvor-stehers mit Namen Thielemann (Kriminalität und Ordnung), Diensttuende Polizeibeamte, Gendarmen: Landjäger Wolf (als Führer), Gendarmen Hartung (mit Dorfspitznamen Musbart) und Mollenhauer. Ein weiterer Angestellter der Gemeinde war ein Herr Röthling (offizielle Bezeichnung war „Nachtwächter“) Er war auch verantwortlich für die Bekanntmachungen im Dorf. Dies geschah bei eiligen und wichtigen Dingen durch Ausrufen mit einer großen Handglocke, ansonsten durch schriftliche Anschläge an den dafür vorgesehenen Tafeln. In der ersten Zeit nach dem Kriege 1945 wurde das Gemeindeamt bzw. die Verwaltung von der KPD übernommen. Bürgermeister wurde ein KPD-Funktionär mit Namen Wilmar Rummel.

Straßenumbenennungen:
Durch besonderen Dringlichkeitsantrag der NSDAP wurden 1933 folgende Straßen umbenannt:

alte Bezeichnung neue Bezeichnung
Eislebener Str. Hindenburgstr.
Cröllwitzer Str. Adolf Hitler-Str.
Heidestr. Horst-Wessel-Str.
Ulmenstr. Bismarck-Str.

1945:

alte Bezeichnung neue Bezeichnung
Hitlerstraße  Thälmannstraße
Jahnplatz August-Bebel-Platz
Hindenburgstraße Eislebener Straße
Horst-Wessel-Straße Heidestraße
Bismarck-Str. Gartenstadtstraße
Paul-Heydenreichstr. Habichtsfang

Jahr ?:

alte Bezeichnung neue Bezeichnung
Paul-Beck-Straße  Tulpenstraße
Waldstraße Nachtigallensteig
Wilhelm-Gustloff-Straße Nelkenstraße

Ca. 1950 (im Rahmen der Eingemeindung wegen Doppelbenennung):

alte Bezeichnung neue Bezeichnung
Thälmannstraße  Waidmannsweg
Dölauer Straße Zur Neuen Schule
Feldstraße Windmühlenstraße
Gartenstraße Pirolweg
Blumenstraße Immenweg
Rosenstraße Drosselsang
Lilienstraße Wieselweg
Weisestraße Kreuzstraße
Brüderstraße Zwillingsstraße
August-Bebel-Platz Gustav-Menzel-Platz

Januar 1964:

alte Bezeichnung neue Bezeichnung
Kurzer Weg Falterweg
Lange Straße Rudolf-Claus-Straße
Poststraße Iltisweg
Schachtstraße Förstereiweg

Höhepunkte im Dorfalltag – private Feste und gesellschaftliches Leben
=====================================================================
Schneewiddchen
Kurt Geelhaar, hallescher Mundartdichter, der viele viele Jahre in Nietleben lebte, hinterließ unserem Verein 1995 in einer Handschrift folgende Erinnerung, die er später auch in dem Buch „De Dilpsche. Wasse heite so schmusen“ (Herausgeber: Interessengemeinschaft „DEDILPSCHE“, Halle 1997) veröffentlichte:
„Anfank der fuffzcher Jahre, als der Kriech noch nich lange vorbei war, hattemer alle noch sehre viel nachzeholn, un de Vergniejungssucht war noch mächt’ch jroß. Da ham mir lange vorher ticht’ch driwwer nachsimeliert, was kemmern e ma bein nächsten Masgenballe machen? Nachdem mir uns alle wochenlangk ´n Nischel zerbrochen hadden, wußten mir: Mer machen Schneewiddchen un de siem Zwerje. Na, das war leichte jesaat, awwer schwer jemacht, denn daderzu brauchte mer ja allerhand Glamotten, un for allen: Wer sollden da alles mitmachen? Na, de Zwerje haddmer schnell zesamm. Da mir heeme lauder so kleene Kneppe warn – eensviernsechzch war der Jreeste – wurden Babba, Mamma, Schwester, Schwacher, meine Frau, e Freind un ich for de Zwerjenmannschaft bestimmt. Awwer wer sollde nu Schneewiddchen machen?
Da hadde unse Mamma e Jeistesblizz: „Der Vater wird unser Schneewiddchen“, jrinstese. Dadermit meentese awwer unsen Opa, weil se alle – alde oder jungke – Vater saaten for Otton. Un das sollde je nun der Gniller wern: Unser Vater war schon an de sibzch, war eensfinfenachzch jroß un hadde als Bauarweeter e breetes Kreize un Foden wie e paar Kuchenbredder. Na, un der als Schneewiddchen, da werden sich de Massen krempeln. „Freilich, mei Junge“, saate der Vater, „das mach ich mit, un ich baue mer daderfor ooch selwer mei Sarj.“ Un so war alles klar wie dicke Tinte, nu konntes losjehn. Weil mir nu damals, junk verheiratet, als eenzche von der Meute in Halle wohnten un ooch kläjten, da durften mir das janze Jelumpe besorjen: Zwerjengiddel mit Gabuzen, Latern‘, Larven, Bärte, ´s Kleed, weeße Hänschgen un eene schwarze Bericke mit langen Zebben. Das war verleicht e Draasch, ooch wemmer de Kiddelasche in‘ Kostiemverleih jekricht ham. Der Vater hatte nu e durften Sarj jezimmert, mit zwee Achsen von e Kinnerwachen, scheene jepolstert, un de weiblichen Zwerje hadden innenn scheene mit Stoff un e bestickten Kissen uffmatustelt. Das eene Ma kam der Vater zum Mittachbrodspachteln jar nich widder hoch aus’n Stalle, un alsen de Mudder hochholn wollte, da lach doch der ahle Otto in Sarje. Da hadden awwer de Mudder anjeflaumt: „Du ahler Klapsmann du, mußde mich so erschrecken?“ – „Awwer Mutter“, hadde jesaat, „ich mache doch bloß Proweliejen!“ Na, jedenfalls an den Masgenballdache hammer schon vorher bei den janzen Jefriemle tichtjen Feez jehabt, bis es soweit war zum Abmarsch. Mir sin denn mit den rollenden Sarje – das anjeputzte Mächen lag nadierlich schon drinne – so an de 400 Meter durch de Nietlemner Straßen karjohld bis in‘ Joldnen Stern, mit e Hoofen Wänstern hinterher. An der Kneipe anjekom‘, hammer erscht e paar Kraftlätze jesucht, die den Sarj mit den niedlichen Schneewiddchen hochbadaljt ham, denn der Saal war eene Treppe hoch. Nu isses je so, dass mer bei e Masgenballe bis zur Demasgierung stundenlangk in Kreese
rumlatschen muß, un dass mer denn bei den Menschenmassen schwitzt wie so e Affe. Unses Schneewiddchen in den jut jepolsterten Sarje, das war denn so klitschenaß, dass ihr de Jesichtsmasge halb uffjeweecht uff der Lawwe klebte un se schon Atennod krichte. Es war denn allerheechste Zeit, dass de Strapaze zu Ende jink, ooch weil unser Schneewiddchen-Otto baale de Blase platzte, denn der durfte ja schon so lange nich ausen Sarje raus. Mir sin denn ze dritt bei der Entlarvungk uffen Tisch jeklettert un ham von rechts un links das Schneewiddchen mit een Rucke von Larve un Vericke befreit. Was das fer e Jegriedsche un Jegrehle war, als uff ema der ahle Otto da ohm stand, das hawich heite noch in’n Ohrn. Awwer zweerlee muß’ch eich noch saan: Der Vader hat denn erschtema eene Vertellstunde jebraucht, bis e sich bei der Dante Meiern entleert un abjedrockned hadde. Un mir ham denn alle zesamm enne jroße Dorte verdrickt, die mir als zweeten Preis jewonn hatten.“

Anmerkung: Über das Foto, das wir zufällig in unserer Sammlung fanden (aus der Sammlung Seibicke), freute er sich natürlich mächtig! Es entstand übrigens einen Tag nach dem Maskenball. Das „echte“ Schneewittchen war um keinen Preis der Welt noch einmal in das Kostüm zu bewegen. Deshalb übernahm für den Fototermin die spätere Ehefrau von Kurt Geelhaar diese Rolle. Die beiden hatten sich bei besagtem Karneval kennen gelernt.

Zum Foto „Schützenkönig Junge“: Die Nietlebener Schützengilde (Schützenverein) hatte in den 1920er Jahren kein eigenes Schießhaus, so dass das allgemeine Schießen, Zusammenkünfte, sogar Königsschießen usw. im Glauchaischen Schießhaus in der Heide, gegenüber dem Waldkater, stattfanden. Das Königsschießen war die Krönung des Jahres. Mancher gute Schütze schoss absichtlich ins Gras! Die Königsehre war teuer und das Geld knapp. Später bekam die Schützengilde ein eigenes Schießhaus am Heidesee mit wunderbarem Baumbestand.

Nietlebener Kalenderblätter 2007

Home | Verein | Termine | Themen | Kalenderblätter | Links | Übersicht | Kontakt  
 
Stand: 13. September 2018