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Nietlebens Industrie

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Nietleben besaß nicht nur durch den Bergbau eine starke Industrie (Paraffinfabrik – stillgelegt 1927, Teerschwelerei, Brikettfabrik bis Anfang 1931). Nach Schließung der Braunkohlengrube „Neuglücker Verein“ prägte vor allem die Zementindustrie das Bild Nietlebens. Die erste Zementfabrik nahm schon 1891 am heutigen Graebsee (dort, wo jetzt das „Empfangsgebäude“ des S-Bahnhofes Halle-Neustadt steht) ihren Betrieb auf. Aber bereits 1921 musste der Betrieb infolge Konkurrenz durch das Portland-Zementwerk "Saale" eingestellt werden. Zurück blieb ein 18m tiefes Restloch. Die alte Zementfabrik wurde zum Furnier- und Dampfsägewerk von Ernst Graeb & Söhne umgewandelt. Mächtige Holzplätze entstanden, Werkstätten, drei Wohnhäuser für Angestellte, Kutscherwohnhaus umgeben von Schrebergärten und Feldern. Der durch Wassereinbruch entstandene See wurde zur Wässerung der Hölzer genutzt. Anfang der 1950er Jahre wurde der Fabrikbesitzer Johann Graeb enteignet und siedelte nach Westdeutschland über. 1962 kam es im Furnierwerk zu einer großen Havarie, bei der etwa 1200 vollgesogene Hölzer in der Tiefe verschwanden.
1910 wurde abseits vom Dorfe in Granau das Werk Nietleben der Portlandzementwerk „Saale“ AG erbaut. Die Rohstoffe wurden aus dem Steinbruch jenseits der heutigen B80 abgebaut und über eine Seilbahn (die Brücke über die B80 ist heute noch vorhanden) zum Werk transportiert. Nach dem Krieg durch die Sowjetische Aktiengesellschaft (SAG) geführt, wurde 1952 der Betrieb Volkseigentum (Zementwerk 7 in Halle West des VEB Zementwerkes Karsdorf). 400 Tonnen Portlandzement „350 W“ in 24 Stunden war 1973 die Produktionsleistung des Nietlebener Werkes. Zu DDR-Zeiten ließen der Mangel an modernen Ausrüstungen die veraltete Anlage zur „Dreckschleuder“ werden. Keineswegs belästigten nur die Kohlendioxidabgase aus den Schornsteinen die Bevölkerung, vielmehr waren es die Staubmengen, die aus den Trocken- und Kohlemahlanlagen drangen. Es wurde versucht, den Staub mechanisch durch Filteranlagen abzuscheiden. Dieser Vorgang wurde dann noch durch Nassentstaubungsanlagen ergänzt; aber auch dies reichte im Sinne des Landeskulturschutzgesetzes nicht aus. 1973 wurde mit der Ausweitung Halle-Neustadts der Betrieb eingestellt. Auf dem Gelände nahm der „VEB Rationalisierungsmittelbau“ (RBM) bis kurze Zeit nach der Wende seinen Betrieb auf.
In der Halleschen Straße 5 stellte ab 1936 die DUZ ("Druck und Zug") Präzisionsteile jeglicher Art her, v.a. für die Flugzeugindustrie. Nach Aufhebung der Kriegsproduktion und Demontage durch Beschluss der Sowjetischen Militäradministration 1945 wurde die Produktion auf Schädlings-Bekämpfungsgeräte (damals als einziger Betrieb in der DDR!), später auch andere landwirtschaftliche Geräte umgestellt. Die Erzeugnisse wurden auch nach Ägypten, Ungarn, Finnland, CSR und Polen exportiert. 1960 begann die Verlagerung dieser Produktion in die CSSR und die Zusammenarbeit mit dem Traktorenwerk Schönebeck. Das Nietlebener Werk wurde am 1.1.1966 "Betriebsteil Halle" des VEB Traktorenwerk Schönebeck und fungierte als Zulieferer für die Produktion des "RS 09", des „ZT 300“ und des "ZT 303".
Erwähnt werden muss auch das Ausbesserungswerk der Halle-Hettstedter Eisenbahn (später Zweigwerk des RAW der DR) in Nietleben. Hier wurden auch Fahrzeuge anderer Bahnen instandgesetzt, so z.B. auch Loks der Leipziger und der Dresdner Pioniereisenbahn.
Im Habichtsfang wurde die Lack- und Firnis-Fabrik Strutmann (ab 1912) in das Werk II des VEB Druck- und Lederfarbenfabrik Halle verstaatlicht.
1923/24 entstand in Nietleben das Härtemittelwerke "Goering & Co K.G." mit Hauptsitz in Mannheim. Die verwendeten Rohstoffe waren hauptsächlich Grudekoks (der getrocknet und auf bestimmte Korngrößen gesiebt wurde) und Braunkohlenhochtemperaturkoks. Das Fabrikationsprogramm bestand aus acht verschiedenen Produkten, die alle ihre Verwendung in der stahlverarbeitenden Industrie fanden. Das Werk wurde Anfang der 1970er Jahre geschlossen. Auf diesem Gelände entstand eine Zweigstelle des VEB Germaplast Halle. Die Produktionspalette reichte u.a. von Waschmitteln, Schaumbädern, div. Plastik-Artikeln, Tapetenklebstoff, Anstrichstoffen, Nikrosinfarben, über Sandspielzeug, Baukästen, bis zu Freizeitliegen und der Wickelliegen „Baby-Fix“. Der Betrieb stellte auch durch Rehabilitationsplätze Qualifizierungsmöglichkeiten für physisch-psychisch Geschädigte.
Selbst eine Pup¬pen- und Perückenfabrik konnte Nietleben bis etwa 1962 im Habichtsfang aufweisen. Weit bekannt war auch die Baufirma Schopp in der Halleschen Straße 46/47, die wesentlich am Bau der Heeres-Nachrichtenschule und der DUZ beteiligt war. Schopp wurde zu DDR-Zeiten enteignet, die Firma irgendwann geschlossen.
Auch die Hallesche Straße 1 hat eine interessante Geschichte: Ab 1912 Standort für die Zuckerwarenfabrik der Gebrüder Göbel (Pralinés, Marzipansachen), 1929 war dort dann die Dampf-Molkerei der Familie Rosenfeld. Im Jahre 1973 wurde die ehemalige Molkerei in der Halleschen Straße zu einem modernen Fleischverarbeitungsbetrieb umgebaut. 1976/78 gehörte sie dann als Zweigstelle der PGH Moritzburg an. 1981 betrug die Quartalsleistung in der Fleischverarbeitung 800 Tonnen.
1941 eröffnete Herr Carl Dahlhelm als Maschinenbauingenieur im ehemaligen Gutshof Franke in der Eislebener Straße 77 eine Firma zur Herstellung von Maschinen für die Anfertigung von Leichtbauplatten („Sauerkrautplatten“). Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges wurden in der Firma Holzgasgeneratoren gebaut, die er 1948 auf der Messe präsentierte. Die Firma führte den Namen Maschinen-, Stahlbau und Mechanik Carl Dahlhelm. Es wurden PKWs und LKWs auf den Betrieb mit Holzgasgeneratoren umgerüstet. Bis Ende der 1970er Jahre wurde das Geschäft „privatsozialistisch“ von seinem Sohn geführt. 1972 wurde der Betrieb auch Volkseigener Betrieb unter dem Namen VEB Maschinen- und Kraftfahrzeug-Reparatur. Der Betrieb stellte Maschinenteile her und setzte alle vorhandenen Kraftfahrzeuge in Stand (außer Busse). 1975 erfolgte die Angliederung des Betriebes an das Kraftfahrzeuginstandsetzungswerk (KIW) Halle mit Spezialisierung auf den PKW Typ Trabant (bis zur Rente von Horst Dahlhelm im Jahre 1986, mit seiner Frau arbeitete er weiter bis in die Mitte der neunziger Jahre. Die Aufgabe bestand in der Lagerhaltung von Putz- und Reinigungsmittel und Arbeitsschutzbekleidung für das KIW Halle und dessen Teil-Betriebe).
1984 eröffnete die KFZ-Werkstatt Mundt in Quellgasse 22 (Reparatur von Trabant und Duo-Versehrtenfahrzeugen).
Günter Ott KG (Schweißtechnik) führte in den 1950er Jahren in der Hallesche Straße 19 einen individuellen Handwerksbetrieb. Ab 1963 mit staatlicher Beteiligung führte er u.a. Schweißarbeiten an Graugusszylinderköpfen für die Traktorenreparatur durch.
Nietlebener Kalenderblätter 2006

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Stand: 13. September 2018