Verkehrslandeplatz Halle-Nietleben
Die Luftbildaufnahme stammt aus dem Jahre 1926 und zeigt den damaligen
Verkehrslandeplatz,
die Feldschlösschensiedlung und die Provinzial-Irrenanstalt. Unmittelbar
neben der Feldschlösschensiedlung
sind noch die große Tongrube und einige Gebäude der ehemaligen
Gansaugeschen Ziegelei zu erkennen.
Ursprünglich gab es auf diesem Gelände zahlreiche Weinberge. Noch 1795
werden auf dem
Gelände vier Weinberghäuser mit einem Weingebiet von 12 Morgen erwähnt. Um
1830 befand
sich hier der Gansaugesche Weinberg (C. H. Gansauge war Stadtverordneter,
Maurermeister
und Baukondukteur in Halle). Davor war er im Besitz der Franckeschen
Stiftungen. Da
reichliche Tonvorkommen anstanden, errichtete Christian Gansauge eine
Ziegelei, die später
von Lüttich übernommen wurde. Sie war die erste von insgesamt 5 Ziegeleien,
die einst auf
Nietlebener Flur existierten. Von den hier hergestellten Ziegeln wurde halb
Halle erbaut. Die
Ziegelei bestand noch nach dem ersten Weltkrieg und ist dann, um Baugelände
zu werden,
eingegangen.
1845 wurde von einem gewissen Herrn Weise in unmittelbarer Nachbarschaft das
Feldschlösschen - ein zweistöckiges, ziemlich stattliches Gebäude - als
Ausflugslokal erbaut.
Der nachfolgende Wirt hieß Käsewitz. Es gab guten Broihan und ein prächtiges
Tanzlokal.
Der brave Bürger konnte sich im schönen Garten bei Kaffee und Kuchen
erquicken. An allen
Feiertagen fanden Vergnügungen und Konzerte statt. Unter dem späteren Wirt
Feistel erlebte
das Lokal seinen Niedergang. Dirnen, Zuhälter und anderes Gesindel trieben
sich hier herum.
1863 wurde Feistel von den Halloren und Bergleuten des Nietlebener
Bergbauvereins verjagt.
Amtsrat Bartels kaufte das Grundstück und verpachtete es an seinen Gärtner
Hoffmann.
Dieser verkaufte es später an einen gewissen Wolff. Schließlich wurde das
Gelände 1908
von der Provinzial-Irrenanstalt erworben, um Wohnhäuser für das
Pflegepersonal zu bauen.
Nördlich der Feldschlösschensiedlung befand sich in den 1920er Jahren
Rollbahn und
Flugzeughalle des Flughafens Halle-Nietleben. In jener Zeit gab es
Bestrebungen, Halle als
Luftdrehkreuz des sich entwickelnden Luftverkehrs zu etablieren. Ab 1923
stand die Stadt
Halle mit Berliner Regierungsstellen in Verbindung, Halle in den
Linienflugverkehr einzubinden.
So beschloss der Magistrat der Stadt, einen Verkehrsflugplatz zu errichten.
Die Wahl fiel auf
das verkehrstechnisch günstig gelegene Gelände westlich der
Provinzial-Irrenanstalt in Richtung
Nietleben. Nach kurzer Bauzeit konnte der Platz am 4. Juni 1925 beim 2.
Deutschland-Rundflug in Betrieb genommen werden. Die Rolllänge des Flugfeldes betrug 600
Meter, die
markierten Mittelkreise wiesen Durchmesser von 400 und 50 Metern auf. Die
moderne
Flugzeughalle mit Vorfeld unmittelbar nördlich der Siedlung Feldschlösschen
hatte eine Breite
von 50 Metern, eine Tiefe von 22 Metern und eine Höhe von 10 Metern. Sie
konnte alle
damals gebräuchlichen Flugzeugtypen aufnehmen. Zur Ausstattung gehörten eine
Werkstatt,
Abfertigungseinrichtungen und ein Restaurant für Fluggäste und Besucher.
Betreiber des
Verkehrslandeplatzes war die Flugverkehr Halle AG. Leiter der
Flughafenverwaltung,
gleichzeitig Chefpilot, war der Ing. Erich Glatz. Bereits am 1. Juli 1925
wurde die Fluglinie
Berlin-Weimar-Frankfurt/M. eröffnet. Weitere Strecken folgten. Ab 1926 wurde
eine spezielle
Zeitungsstrecke Berlin-Halle-Erfurt-Plauen eingerichtet. Es landeten und
starteten im ersten Jahr
täglich 10 Flugzeuge nach ebenso vielen Orten. Zwischen Flugplatz und
Stadtzentrum bestand
eine kostenlose, mit dem Flugplan abgestimmte Kraftfahrzeugverbindung. 1926
wurden
in Nietleben 4 750 Flugzeuge mit 8 803 Passagieren abgefertigt. 1927 wurde
der Flugbetrieb
allerdings nach Schkeuditz verlagert. Ab diesem Zeitpunkt tummelten sich in
Nietleben
nur noch Flugsportler und Forscher. Der Reformpädagoge Adolf Reichwein, seit
1930 in Halle,
hatte hier seine "Klemm" im Hangar. 1931, es war Flugtag in Halle, startete
von hier der
Weltrekordsegelflieger Wolf Hirth.
1935 wurde das Gelände für die Erbauung der Luftwaffen- und
Heeresnachrichtenschule mit
Militärflugplatz bestimmt. Das gesamte Gelände wurde eingeebnet. Es
verschwanden der
etwa 20 Meter über seine Umgebung ragende Weinberg und der einst von
Hünengräbern
gekrönte Dreihügelberg. Vertiefungen wurden zugeschüttet, so die große
Tongrube der
Gansaugeschen Ziegelei. Der Flugplatz wurde erweitert und erstreckte sich
zwischen Gimritzer
Damm und Nietleben. Für Starts und Landungen stand nun eine Piste von 1600
Metern
Länge zur Verfügung. Die Einrichtungen umfassten neben einer Reparaturwerft
zwei große
Flugzeughallen. Die Anlagen wurden 1947 durch die sowjetischen Streitkräfte
gesprengt.
1952 erlitt Nietleben die ersten Gebietsverluste, indem die
Feldschlösschen-Siedlung in das
Garnisonsgelände integriert wurde. Die Bewohner mussten ihre Häuser
verlassen. Das
Gelände wurde durch eine bewachte Mauer von der Außenwelt weiträumig
abgeriegelt und
war 40 Jahre lang nicht zugänglich. Auf dem südlichen Teil des Flugplatzes
wurde ab 1952
wieder Segelfliegerei betrieben. Es wurden eine neue Flugzeughalle, eine
Werkstatt und ein
Tower errichtet. Von 1962 an standen auch Motorflugzeuge für den
Flugzeugschlepp zur
Verfügung. Der Platz war bis 1968 in Betrieb. |